Was versteht man eigentlich unter Klassischer Reiterei?

 

Bei Wikipedia findet man unter dem Begriff folgende Definition:

„Klassische Reitkunst“ bezieht sich nicht auf die kulturgeschichtliche Epoche der Klassik, sondern auf deren Status als Klassiker (= allgemeingültig / modeunabhängig).

Gerne füge ich aber dem noch ein Zitat von Kurt Albrecht, dem ehemaligen Vorsteher der Spanischen Hofreitschule in Wien hinzu:

„Idealerweise und theoretisch sollte es keinen Unterschied zwischen der klassischen Schule und dem Dressursport geben: In der Praxis ist er jedoch vorhanden. ...Das Ziel der klassischen Schule ist es, das Pferd durch eine logische und psychologische Ausbildung zu gymnastizieren. Der Dressursport möchte den Pferden Lektionen für den Wettbewerb beibringen.“

Für mich ist die klassische Reitkunst ein Ausbildungssystem, welches die natürlichen Anlagen des Pferdes so fördert, dass sein gesamtes Potential erreicht werden kann. Durch individuelles Training wird es körperlich so gefördert, dass es sowohl an Kraft und Geschmeidigkeit zunimmt als auch den Gesundheitszustand verbessert.

Seine Formen werden imposanter, das psychische Wohlbefinden des Pferdes entwickelt sich dabei, es wird immer zuverlässiger und gehorsamer. Es arbeitet freudig mit und sein eigener Wille bleibt erhalten!

Dennoch werden sich auch hin und wieder schwierige Situationen ergeben, bei denen man folgendes berücksichtigen sollte:

"Wenn Pferd und Reiter verunsichert sind, muss etwas geändert werden! Einer von beiden muss beginnen! Es hat sich bewährt, wenn der Reiter mit Veränderungen beginnt" (Desmond O'Brien)

Die Ausbildung soll das Pferd auch zum Mitdenken anregen, damit es immer versteht, was von ihm verlangt wird. Dadurch gewinnt das Pferd sowohl an Selbstvertrauen als auch an Vertrauen in den Reiter. Man fängt mit physisch und psychisch einfachen, unkomplizierten Anforderungen an und geht nach und nach zu immer anspruchsvollerem Training über, wobei  jede neue Anforderung auf den vorherigen aufbaut.

Essentiell ist, dass das Pferd die Geschwindigkeit des Fortschritts bestimmt, wobei das Hauptaugenmerk auf der Verbesserung der in der Skala der Ausbildung festgehaltenen Grundlagen liegt. Je besser Pferd und Reiter die Grundlagen beherrschen, desto leichter werden ihnen auch die schwierigeren Lektionen fallen, und aus dem Handwerk kann so nach und nach die Kunst erwachsen.

Deshalb möchte ich Ihnen an dieser Stelle auch den Leitspruch "Ich habe Zeit - ich möchte diesen Ausspruch allen Reitern zurufen, die plötzlich auf Schwierigkeiten stoßen und mit ihren Pferden nicht einig werden können“ von Alois Podhajski, einem weiteren ehemaligen Vorsteher der Wiener Hofreitschule ans Herz legen!

Geduld, Muße und ein systematisches Vorgehen bei der Arbeit erlauben es, Rückschläge, Verletzungen und einen Vertrauensverlust zu vermeiden.